Offener Brief von Kerstin Walter an den Vorstand des Bürgervereins Leben in Zeuthen (BLiZ)

Betr.: Münchner Modell – offener Brief an den Vorstand des Bürgerverein Leben in Zeuthen, BLiZ

Sehr geehrter Herr Henkel,

wo steht Zeuthen fast ein Jahr nach bekannt werden der im September 2010 geänderten Flugrouten? In der Pressemitteilung des „Bürgerverein Leben in Zeuthen“ BLiZ vom 6. Juli 2011 hört sich das so an:

Nach den Plänen vom 6. September 2010 sollten alle 224 Flugzeuge, die bei Ostwind anfangs täglich von der Südbahn starten, in geringer Höhe direkt über Zeuthen fliegen.
Das große Engagement der Zeuthener Bürgermeisterin Beate Burgschweiger und die Arbeit der Bürgerinitiative Zeuthen gegen Fluglärm haben bewirkt, dass alle Verantwortlichen und Entscheidungsträger bereit sind, etwas für Zeuthen zu tun.“ „Nach der neuen, am Montag vorgestellten Planung der DFS ist vorgesehen, dass die überwiegende Mehrzahl der Flugzeuge vor Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen in einer scharfen Kurve nach Süden abdreht, um den ganzen Siedlungsgürtel zu schonen.

Starke Worte – aber was ist das tatsächliche Ergebnis des BLiZ im Rahmen der Festlegung der Flugrouten – und welche Forderungen vertritt der Verein heute? Richtig ist, dass durch die unermüdliche Arbeit und verschiedenen Aktionen des Vereins und vieler Bürger Zeuthen in den Medien stark vertreten ist und die Verantwortlichen unseren Ort wahrgenommen haben. Dafür gilt hohe Anerkennung!

Die Entlastung der Gemeinde Zeuthen bei den Abflügen Richtung Osten ist aber ausschließlich auf die von dem Eichwalder Marcel Hoffmann in die Fluglärmkommission eingebrachte Südkurve entlang der Autobahn direkt nach dem Start und die von der DSF festgelegte Ost-Abkurvung in über eintausend Metern Höhe zwischen Wildau und Königs Wusterhausen zurückzuführen.

Bekanntermaßen hat gerade der BLiZ massiv gegen die Hoffmann-Kurve gekämpft, obwohl nachweislich Zehntausende durch diese Abflugroute im gesamten östlichen Siedlungsband entlastet werden.

Der 15-Grad-Knick über Waltersdorf, Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen, Auslöser der Proteste, ist leider nach wie vor eine durch die DSF (Deutsche Flugsicherung, Anm. d. Red.) festgelegt Flugroute. Nach derzeitiger Planung zwar vorerst  „nur“ mit ca. 10 Maschinen am Tag, aber dafür in niedriger Flughöhe und hauptsächlich für große und schwere Maschinen. Nach der momentanen Situation ist damit für Zeuthen eine deutliche Entlastung gegenüber der Ausgangssituation mit 224 Flugzeugen am Tag festzustellen!
Aber was ist das Ziel des BLiZ-Vorstandes:
Das so genannte „Münchner Modell“?! Das „Münchner Modell“ ist seit Monaten innerhalb der Bürgerinitiative  Zeuthen gegen Fluglärm stark umstritten. Der vom Vorstand des BLiZ und einigen Bürgermeistern nach diesem Modell geforderte verlängerte Geradeausflug von der Südbahn steht im klaren Widerspruch zu den Festlegungen der Fluglärmkommission, nämlich der Entlastung der bereits durch Anflüge stark betroffenen Regionen.

Die wahren Auswirkungen dieses Abflugverfahrens sind bisher vollkommen offen. Wieweit dürfen die Maschinen geradeaus fliegen und wo werden sie abdrehen? In München selbst beträgt der Geradeausflug lediglich 8 km mit einem anschließenden Knick im Winkel von 30 Grad (!) – das wäre an der Karl-Liebknecht-Straße in Schulzendorf und weiter Richtung Dussmann-Villa im Norden Zeuthens!

Der Bürger wird durch den BLiZ aber in dem Glauben gelassen, dass der Geradeausflug kilometerweit führt. Vereinzelt war sogar von einem Geradeausflug bis hinter Erkner zu lesen.  Die in den Pressemitteilungen des BLiZ benutzte Formulierung, dass das Münchner Modell dem Vertrauensschutz „besonders nahe“ kommt, macht deutlich, dass man sich sehr wohl darüber im Klaren ist, es wird Neubetroffene im Norden Zeuthens geben.

Wie der Presse zu entnehmen war, sollen nach den Wünschen der u. g. Bürgermeister alle 107 Flüge aus der Ost-Abkurvung zwischen Wildau und Königs Wusterhausen künftig ebenfalls über das „Münchner Modell“ fliegen, also über Zeuthen! Und hierzu sagt der Vorstand des BliZ in der Pressemitteilung vom 6. Juli 2011 bisher unwidersprochen:

Die Bürgermeister von Zeuthen, Wildau und Königs Wusterhausen begrüßen ausdrücklich, dass nun auch das Münchner Verfahren geprüft wird und unterstützen den Vorgang.

Zu dieser Abflugroute zwischen Wildau und Königs Wusterhausen (sog. Alternative 5) liegen aber bereits wesentlich bessere Optimierungsvorschläge, wie ein verlängerter Flug Richtung Süden entlang der Autobahn über die Rieselfelder und ein Abdrehen Richtung Osten erst deutlich hinter Bestensee über unbesiedelten Gebiet (M. Hoffmann, Eichwalde und H. Thalheim, Wildau) vor.

Mit allergrößtem Befremden und völligem Unverständnis musste man feststellen, dass ausgerechnet der „Bürgerverein Leben in Zeuthen“ öffentlich in seiner Pressemitteilung vom 1. Juli 2011 die Aussage des Staatssekretärs des Bundesverkehrsministerium Herrn Klaus-Dieter Scheurle verkündet:

Um zukünftiges Wachstum und darüber hinausgehenden Bedarf des BER managen zu können, wird die Münchner Lösung als Alternative unverzüglich geprüft.

Hier geht es nicht um die Abflüge der 10 Maschinen, die bisher über den 15 – Grad- Knick eingeplant sind, hier geht es klar um eine Kapazitätserweiterung des BER, um den Ausbau als internationales Drehkreuz.
Warum unterstützt der BLiZ diese Entwicklung durch das Festhalten am Münchner Modell?
Wessen Interessen werden hier vertreten? Die der betroffenen Zeuthener Bürger im Norden Zeuthens offensichtlich nicht.

Zu den aufgeworfenen Fragen erwarte ich, wie viele andere Zeuthener auch, Aufklärung und Information.

Mit freundliche Grüßen

Kerstin Walter aus Zeuthen, 8. August 2011

Verteiler: Staatssekretäre, Bürgermeister, Gemeinderat und Presse

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