Bürgervereine und Initiativen beurteilen Festlegung der BBI-Flugrouten unterschiedlich

Region. Ganz unterschiedlich wurde die Entscheidung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung von den Bürgerinitiativen der Region um den neuen Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) aufgenommen. Scharf kritisierten die Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) und die Grüne Liga Berlin e.V. die nun festgelegten Flugrouten. Die gemeinsam wollen sie gegen mit einer EU-Beschwerde gegen die Festlegung einer Flugroute über den Müggelsee durch das Bundesamt für Flugsicherung (BAF) vorgehen. Beide bemängeln, dass es im Rahmen der Planfeststellung keine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben habe. Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft in Brandenburg (MIL), die Planungsbehörde des BBI habe einen Antrag zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen der fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung abgelehnt. „Ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist die sogenannte Müggelseeroute de facto rechtswidrig, da über besonders schützenswerte Flora-Fauna-Habitat-Gebiete geflogen werden soll. Die Folgen wären erhebliche Beeinträchtigungen oder gar deren Zerstörung“, so Frank Welskop von der Grünen Liga Berlin.

Ganz unterschiedlich beurteilten die Bürgerinitiativen die Flugrouten, welche das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung gestern vorstellte. (Montage: Jörg Levermann)
Ganz unterschiedlich beurteilten die Bürgerinitiativen die Flugrouten, welche das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung gestern vorstellte. (Montage: Jörg Levermann)

Die Bürgerinitiative Bürger Leben in Zeuthen (BLIZ) sieht das Vertrauen in Politik und Verwaltung, dass durch den ersten Entwurf der Flugrouten am BBI im September 2010 bei vielen Menschen in der Region zerstört wurde, in Teilen wieder hergestellt. Denn nach den ursprünglichen Plänen sollte Zeuthen massiv überflogen werden. Die Menschen in Zeuthen hatten keine Möglichkeit im Rahmen des Plafeststellungsverfahrens ihre Argumente und Kritik gegen den neuen Flughafen vorzubringen. „Jetzt soll die überwiegende Mehrzahl der Flugzeuge unmittelbar nach dem Start scharf nach Süden abkurven, deutlich vor Eichwalde, Schulzendorf, Zeuthen.  Nur einer kleinen Zahl von Flugzeugen soll die Route mit dem 15 Grad-Knick über das nördliche Zeuthen zugewiesen werden“, erklärt die Bürgerinitiative in einer Pressemitteilung. Dieser Kurs sei nur eine Notfallroute, erklärte Martin Henkel, Sprecher von BLIZ. Das stimmt so nicht. Wie gestern Nikolaus Herrmann, Direktor des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung in Berlin erklärte, werde auf der südlichen Startbahn bei Starts in Richtung Osten die um 15 Grad abgeknickte Route vornehmlich von sehr großen Jets geflogen.

Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) sieht seine Forderung, den Flugbetrieb so anzulegen, dass möglichst wenige Menschen von den Belastungen betroffen sind, als nicht erfüllt. Neben einer menschenfreundlichen Gestaltung der Flugrouten gehöre insbesondere ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr dazu, heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes. Ebenfalls bemängelte der VDGN das derzeitige Schallschutzprogramm des BBI. Es gehe von nachweislich falschen Belastungswerten aus – zum Teil auch, weil darin nicht die inzwischen festgelegten Flugrouten berücksichtigt worden seien. Nach vorsichtiger Schätzung des VDGN seien mindestens 750 Millionen für den Schallschutz nötig. Die jetzt geplanten 140 Millionen Euro reichten bei weitem nicht aus.

Die Region südöstlich von Berlin werde mit dem Start des neuen Großflughafens großflächig verlärmt. „Unsere schlimmsten Befürchtungen sind eingetroffen“, heißt es in der Stellungnahme von Claudia Janßen, Sprecherin der Bürgerinitiative Schulzendorf gegen Fluglärm. Für einige Orte wie Kiekebusch, Waltersdorf, Berlin-Bohnsdorf und den Schulzendorfer Ortsteil Eichberg bleibe nur die Umsiedlung. Die Schutzzonen müssten nun schnellstmöglich neu definiert werden, damit alle betroffenen Anwohner den Schallschutz erhalten, der ihnen nach dem Planfeststellungsbeschluss zustehe.

Der Bürgerverein Brandenburg-Berlin (BVBB), so die Vorsitzende Astrid Bothe, sehe sich in seiner seit Jahren vertretenen Position zur Diskussion um die Flugrouten bestätigt. Mit der Bekanntgabe sei nun auch allen Menschen, die glaubten für den Standort des Flughafens in Schönefeld plädieren zu können, weil ausgerechnet sie durch Flugrouten vom Fluglärm nicht betroffen seien, die Realität vor Augen geführt. Die zum Festlegung der Flugrouten, insbesondere die gewollte Doppelbelastung von An- und Abflügen über Blankenfelde-Mahlow und Bohnsdorf bis Eichwalde zwinge die betroffenen Gemeinden zu Klagen, weil es möglich sei, diese Doppelbelastung – wenn auch nur theoretisch – auszuschließen. Es gebe nur eine Lösung, gegen die Unmenschlichkeit, dem krank machenden Lärm zu entrinnen. Der Standort Schönefeld müsse aufgegeben werden. Der BVBB fordert die Neuplanung eines Großflughafens im Süden Berlins in nur gering besiedeltem Gebiet und empfiehlt eine Nachnutzung des BBI in Schönefeld.

Die Bürgerinitiative Lichtenrade/Mahlow-Nord gegen Fluglärm begrüßt die Entscheidung des BAF in ihrer Presseerklärung. Die Abflüge von der Nordbahn Richtung Westen geradeaus zu führen sei eine Bestätigung der Vorschlägen von Fluglärmkommission (FLK) und Deutscher Flugsicherung (DFS). Diese habe unter schwierigen Bedingungen eine für die Bürgerinitiative akzeptable Lösung gefunden, die ihre Forderung nach Vertrauensschutz und nach Verlässlichkeit des Planfeststellungsbeschlusses unterstütze. Die ersten Vorschläge der Flugrouten vom 6. September 2010, drohten Lichtenrade zu verlärmen. Um die belastenden Auswirkungen des Flughafenbetriebes einzudämmen, setze sich die Bürgerinitiative für ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr weiter vehement ein.

Weitere Informationen:

  • Grüne Liga Berlin erhebt EU-Beschwerde zu den geplanten Flugrouten des Großflughafens BBI (Website)
  • Bürger Leben in Zeuthen: Vorläufiges Ende des Flugrouten-Marathons, Pressemitteilung der Bürgerinitiative  (PDF)
  • Verband Deutscher Grundstücksnutzer: Schallschutz neu Auflegen, Pressemitteilung
  • Lichtenrade von Überflügen vorerst verschont, Pressemitteilung

 

 

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