Glosse: Genehmigt die Europäische Union die Finanzierung der Mehrkosten des BER?

von Dr. Günter Briese

Wird die EU extremen Mut zum Risiko und mildernde soziale Umstände bei der Genehmigung von weiteren Finanzspritzen belohnen und dabei womöglich  EU-Gesetze verletzen?

Am 20. Juli 2012 ließ die Märkische Allgemeine Zeitung Zweifel am neuen Flughafen-Eröffnungstermin erkennen. Der 17. März 2013 könnte als Eröffnungstermin hinfällig werden, da langwierige EU Finanzierungs-Verfahren zu befürchten sind. Diese Zweifel sollen nachstehend näher beleuchtet werden.

Erst kürzlich musste der Nürburgring in Rheinland-Pfalz Konkurs anmelden, weil die EU neue Finanzspritzen trotz unbenannter Verstöße gegen EU-Recht ablehnte. Wird sie dennoch trotz vieler schwerwiegender Gesetzesverstöße Finanzspritzen der Öffentlichen Hand für den BER genehmigen? Eine spannende Frage.

Könnte die Absage der EU zum Nürburgring erfolgt sein, um den Sachsenring zu fördern, weil zum Beispiel in Brandenburg das Durchschnitts-Einkommen niedriger als in Rheinland-Pfalz ist – also aus sozialen Gründen? Oder lässt die Europäische Union öffentliche Finanzspritzen als Buße zu für die Sünden von Landes- und Bundespolitikern? Denn mit Flughafenprojekt und Wegsehrat – Verzeihung: offiziell „Aufsichtsrat“ – hat sie doch gar nichts am Hut!

Nirgendwo sonst wird so durchgreifend gespart wie in Brandenburg. Obwohl schon jetzt, also noch vor Inbetriebnahme des BER in Eichwalde, Spitzenlärmpegel zwischen 80 und 84 dB(A) mehrfach gemessen wurden, wird am Schallschutz gespart. Es wurde das Schallschutzprogramm erst mal ganz auf Eis gelegt und alle vorherigen Zusagen gestrichen. Der Flughafen soll schließlich einen Teil der Mehrkosten von bisher mehr als 1,1 Milliarden Euro selbst erwirtschaften. Da die bisherigen Schallschutzmaßnahmen völlig unzureichend sind, müsste dazu irgendwann wieder bei Null angefangen werden. Wenn das keinen eisernen Sparwillen demonstriert, was dann?

Neubundesbürger sind schließlich als ehemalige Trabi-Fahrer große Belastungen gewöhnt. Da werden sie sich schon auch noch an den Lärm gewöhnen – trotz der aktuellen Zunahme von Nervenerkrankungen und Burnout-Syndromen. Auch wenn der 115. Deutsche Ärztetag im Mai weit geringere Schall-Grenzwerte als die bisher gesetzlich zugelassen anmahnte, sparen muss sein. Und das um jeden Preis! Zwar sind Nervenerkrankungen langwierig und verursachen hohe volkswirtschaftliche Kosten, aber diese werden ja dann überwiegend Krankenversicherungen getragen.

EU-Hilfen und Soli-Zuschlag sowie der Länderfinanzausgleich werden laufend zurückgeschraubt. Bayern will wohl wegen der geringfügigen BER- Kostenüberschreitung vielleicht den Hahn ganz zudrehen, weil Berlin angeblich zu viel Geld verschwendet. Eine politische Richtungsänderung in der EU ist nicht in Sicht, weil immer mehr Banken und Staaten gerettet werden müssen, nun auch noch Spanien, Zypern und Slowenien. Die Bürger sollen daher zu Mehrbelastungen und Einkommensminderung verpflichtet werden.

Da stehen wir doch in Brandenburg ganz gut da, denn das ist ja hier schon längst Alltag gegenüber anderen Bundesländern. Die Genehmigung der EU für öffentliche Finanzspritzen für den BER dürfte also ziemlich sicher sein — das bisschen Menschenrechtsverletzung nach Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes, weiterer Artikel der Europäischen Verfassung sowie der Charta der EU-Grundrechte und internationaler Richtlinien zu Flugverfahren und Planung von Start- und Landebahnen (ICAO) fallen da sicher nicht ins Gewicht. Schließlich ist der Flughafen BER nicht nur das Prestige-Projekt eines einzigen Ministerpräsidenten wie der Nürburgring, sondern das von zwei Landesfürsten und eines Bundesministers. So etwas muss bei der EU doch Eindruck machen!

Wie wenig fallen dagegen die vielen in der EU völlig unbekannten Kläger gegen den Großflughafen BER ins Gewicht. Denn schließlich weiß ja die EU- Kommission nicht, dass Bundesverkehrsminister Dr. Ramsauer schon vor einem Jahr aufgefordert wurde, endlich das Flughafen-Planungs-Handbuch, ICAO Doc. 9184, ins Deutsche übersetzen zu lassen, damit es bei Planungsverfahren und vor Gericht berücksichtigt werden kann und muss. Bisher konnte es nicht berücksichtigt werden. Selbst vielen Schreiben an die Bundesjustizministerin blieben in dieser Hinsicht wirkungslos. Das Brandenburger Infrastrukturministerium und die Staatskanzlei wurden ebenfalls angeschrieben. Doch die Soko BER des Bundesverkehrsministers schickte trotzdem Forderungen zur Genehmigung der Mehrkosten zur EU.

So viel Mut muss doch dort einfach Eindruck machen und belohnt werden! So schlimm können ja hier die Menschenrechtsverletzungen gar nicht sein, die da geplant sind. Sonst hätten ja auch hier aus Schweden anfliegende Flugzeuge schon längst Teddybären mit Menschenrechtsforderungen abgeworfen, wie dies in Weißrussland geschah.

Und wer nun immer noch nicht glaubt, dass für das BER-Projekt eine solide und rechtssichere Finanzierung gesichert ist, dem ist wirklich nicht zu helfen. (jl)