Rückschau: Bei der Atelier-Tour vor zwei Jahren gaben Künstler der Region Einblicke in ihre Arbeit

Region. Wer wirklich alle Stätten künstlerischen Schaffens bei der Atelier-Tour 2010 mit dem Fahrrad besuchen wollte, musste sich am 3. Oktober 2010 beeilen. Denn alle 16 Stationen innerhalb von sechs Stunden bis um 17 Uhr zu erreichen war nahezu unmöglich, wenn man etwas Zeit mit den Künstlerinnen und Künstlern in Eichwalde, Zeuthen, Schulzendorf und Wildau im Gespräch verbringen und sich in Ruhe alles anzuschauen wollte. Organisiert hatte das alle zwei Jahre stattfindende Ereignis die Zeuthener Glas-Künstlerin Sigrid Gratzias-Tenzer, die sich selbst gar nicht als Künstlerin bezeichnet, sondern eher als Handwerkerin. Sie ist die sechste Generation in der Glaserei und restauriert alte Bleifenster.

Die Eichwalder Nachrichten waren vor zwei Jahren mit dem Fahrrad auf Kultur-Safari und haben 15 Ateliers und öffentliche Ausstellungsräume besucht. Es gab viel zu sehen am damals 20. Tag der deutschen Einheit. Zum fünften Mal präsentierten Künstler in der Region damals ihre Arbeiten. Insgesamt 21 Kreative zeigten einen Querschnitt ihres Schaffens. Mancher nutzte seinen Garten als Ausstellungsfläche.

Interessant ist es, die Persönlichkeiten dieser Menschen kennen zu lernen und zu erfahren, wie sie persönlich ihren Weg zur Kunst gefunden haben. Manche haben ihn zum Hauptberuf gemacht, andere zum Nebenerwerb aus Leidenschaft.

Kathrin Harder zeigt die Werke ihrer Schülerinnen und Schüler. (Foto: jl)
Kathrin Harder zeigt die Werke ihrer Schülerinnen und Schüler. (Foto: jl)

Die erste Station auf der Kultour mit dem Fahrrad war das Atelier der Malerin und Grafikerin Kathrin Harder, die in der Eichwalder Bahnhofstraße eine Malschule betreibt. Die 1969 in Rostock geborene Künstlerin studierte von 1993 bis 1999 Malerei und machte ihr Diplom bei Prof. Dr. Max Uhlig an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Seit elf Jahren lebt die Künstlerin in Eichwalde, wurde 2004 mit Kunstpreis Spektrale ausgezeichnet und gab in den vergangenen Jahren zahlreiche Ausstellungen in Berlin, Potsdam und im Schloss Neuhardenberg. Besonders liegt ihr der künstlerische Nachwuchs am Herzen. Bereits fünfjährige Kinder besuchen regelmäßig ihre Kurse, zahlreiche Erwachsene und Jugendliche. „Ich lasse ihnen oft freie Hand“, sagte sie. „Denn wenn sie aus der Schule kommen und nachmittags hier malen, dann brauchen sie zunächst Zeit sich zu finden. Sie kommen von ganz allein und fragen konkret nach Hilfestellungen, wenn sie nicht weiter kommen.“

Helga Reimann präsentiert ihre Gemälde in ihrem Keller-Atelier. (Foto: jl)
Helga Reimann präsentiert ihre Gemälde in ihrem Keller-Atelier. (Foto: jl)

Helga Reimann kam vor 30 Jahren zum Zeichnen und zur Malerei. Sie besuchte verschiedene Kurse in Sommerakademien und studierte an der Freien Akademie für Kunst in Berlin. Aufgewachsen ist sie in Niedersachsen, lebte in München und Ingolstadt. Seit 1992 ist Eichwalde ihre neue Heimat. Ihr Atelier hat sie im Keller eines Einfamilienhauses in der Bahnhofstraße. Bei der Atelier-Tour 2010 war ihr aktuelles Gemälde  noch in Arbeit. Es ist ein surrealistisches Motiv und gibt dem Betrachter Raum für politische Interpretation.

Hans der Fährmann zeigt einer Kunst-Interessierten seine Grafiken. (Foto: jl)
Hans der Fährmann zeigt einer Kunst-Interessierten seine Grafiken. (Foto: jl)

Hans der Fährmann hat sein Atelier in der Eichwalder Johann-Sebastian-Bach-Straße. Er war 30 Jahre lang Wissenschaftler (Soziologe) an der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Bereits 1978 zeigte der Maler und Grafiker erste Arbeiten seines kreativen Schaffens. Nach der Wende machte er seine Leidenschaft zum Beruf und baute sich sein Atelier in Eichwalde.

Die Gemälde, Zeichnungen und Grafiken des 1938 in Dresden geborenen Künstlers sind sowohl an den Expressionismus als auch an den Surrealismus angelehnt. Sie zeigen tatsächliche und erfundene, teilweise maskierte Figuren.

Zusammen mit weiteren Künstlern der Region stellte Hans der Fährmann seine Werke in Schwelm, Nordrhein-Westfalen aus. Das Projekt brachte 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Künstler aus dem Landkreis Dahme-Spreewald und dem Ennepe-Ruhr-Kreis zusammen. Jeweils fünf Künstler zeigen eine Auswahl ihrer Werke aus den vergangenen 20 Nachwendejahren.

Kunst im Garten

Ursula Bolle stellt die meisten Exponate im Garten aus. (Foto: jl)
Ursula Bolle stellt die meisten Exponate im Garten aus. (Foto: jl)

Ihren Garten in der Schmöckwitzer Straße machte Ursula Bolle kurzerhand zur erweiterten Ausstellungsfläche. Im Wind drehten sich in den Bäumen aufgehängte Figuren. Sie bestehen aus knorrigen Ästen, in rot und blau lackiert. Mit den mit verbogenen Gabeln bestückten Enden wirkten sie wie Kranken. Die Atelier-Besucher ließen es sich bei Sekt und kleinen Häppchen gut gehen in diesem Garten voller Kunst.

„Ich lebe und arbeite seit 2001 wieder in Eichwalde. Ich bin hier aufgewachsen. Skulpturen mache ich seit den neunziger Jahren“, erklärt die Künstlerin. Studiert hat sie an der Kunsthochschule Weißensee Bühnen-, Kostüm- und Szenenbild. Ursula Bolle war bei der Atelier-Tour 2010 erstmalig mit dabei.

Gisela Gräning im Gespräch mit einer Kunst-Interessierten. (Foto: jl)
Gisela Gräning im Gespräch mit einer Kunst-Interessierten. (Foto: jl)

Gisela Gräning zeigte ihre Kollagen und handgewebten Teppiche in ihrem Atelier in der Schmöckwitzer Straße. Anke Peters, nebenberufliche Malerin stellte als Gast ihre Südamerikabilder in der Wohnküche von Gisela Gräning aus. Peters ist Malerin im Nebenberuf. Hauptberuflich ist die Hamburgerin Molekularbiologin. „Ich wollte zunächst einen Brotberuf erlernen und mich erst später um meine künstlerischen Neigungen kümmern“, sagte sie bei einer Tasse Kaffee und Kuchen. Von 1989 bis 2004 habe sie an verschiedenen Sommerakademien der Kunsthochschulen in Hamburg und in Berlin Studiert. Bei ihrem Meister Michael Georgi, emeritierter Dozent der Kunsthochschule Wandsbek, machte sie eine Künsterlerlehre.

Gisela Gränings Bilder entstehen in unterschiedlichen Techniken mit verschiedensten Materialien. Sie verarbeitet Fotografien mit Papieren und Zeichnungen zu Collagen. Aber auch Textilgrafiken aus gefärbter Wolle und Seide oder aus Papier, Kunststoff, Gummi, Metallbeschichtungen und verschiedenen Garnen spiegeln eindeutig Gränings künstlerische Handschrift wider. So lässt sie sich immer wieder durch Oberflächen alter Steinwände, Backsteinmauern oder antike Treppen, von Bemalungen, Schriftzeichen oder Farbresten an jeder Art von Wänden oder Gegenständen inspirieren.

Vom Modedesign zur Malerei

Kerstin Hemmerling zeigte die Werke ihrer Schülerinnen und Schüler, aber auch eigene Gemälde. (Foto: jl)
Kerstin Hemmerling zeigte die Werke ihrer Schülerinnen und Schüler, aber auch eigene Gemälde. (Foto: jl)

Kerstin Hemmerling studierte Modedesign und hatte schon damals einen Faible für Malerei. Denn der Umgang mit Pinsel und Farbe war wesentlicher Bestandteil des Studiums an der Ingenieurschule für Bekleidungstechnik. Vor 2010 vor sechs Jahren gründete Kerstin Hemmerling ihre Malschule in der Zeuthener Seestraße.

„Meine Schüler sind zwischen fünf und 17 Jahre alt, aber auch einige Erwachsene sind mit dabei“, sagt die junge Frau. Ihre Kurse sind in der Regel ausgebucht. Im Rahmen der Atelier-Tour 2010 zeigte sie die Arbeiten ihrer Schüler, aber auch eigene Gemälde, darunter Bilder, die mit verschiedensten Techniken entstanden, beispielsweise mit Spiritus und Silberpuder oder Zeitungen, die als Untergrund für das eigentliche Bild, der New Yorker Skyline bilden.

Dagmar Reinhold eröffnete vor zehn Jahren ihre Werkstatt in Zeuthen. (Foto: jl)
Dagmar Reinhold eröffnete vor zehn Jahren ihre Werkstatt in Zeuthen. (Foto: jl)

Mit Keramik hatte die Zeuthenerin Dagmar Reinhold schon immer zu tun. Denn die Künstlerin ist gelernte Zahntechnikerin. „Während es beim Zahnersatz auf Präzision ankommt, sind bei der Arbeit an Kleinplastiken, Skulpturen und Gebrauchskeramiken ganz andere Fähigkeiten gefragt“, sagte die in 1943 in Chemnitz geborene Künstlerin. Erst 1997 hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht und nahm Unterricht in verschiedenen Keramikwerkstätten der Region. Vor zehn Jahren eröffnete sie ihre eigene Werkstatt in der Schulstraße in Zeuthen und bildete sich stetig weiter, beispielsweise bei Gustav Weiß in Berlin. Ihr Wissen gibt sie an Erwachsene, Kinder und Jugendliche weiter. „Mit Kindern arbeite ich besonders gern zusammen. Ich weiß ganz genau, was ich von ihnen fordern kann und wann sie eine Pause brauchen“, sagt die Keramik-Künstlerin.

Karin-Zobel-Schürmann erklärt Modeinteressierten einen Mantel, eher etwas für nicht ganz so kalte Tage. (Foto: jl)
Karin-Zobel-Schürmann erklärt Modeinteressierten einen Mantel, eher etwas für nicht ganz so kalte Tage. (Foto: jl)

Wer an Kunst denkt, kommt nicht unbedingt auf die Idee, dass auch der Umgang mit Stoffen, Garnen, Schnittmustern und Nähmaschinen dazu gehört. Das Modeatelier Hexenstich von Karin Zobel-Schürmann ist ein Beispiel für eine ganz andere kreative Schöpfungen.

Das Erdgeschoss des Einfamilienhauses in der Dahmestraße in Zeuthen ist voll mit Mänteln, Kleidern, Blusen – Kreationen aus den unterschiedlichsten Stoffen. Karin Zobel-Schürmann kann auf einen Fundus von hunderten verschiedener Stoffe zugreifen, die sie zum Teil im Keller lagert. Davon profitieren auch ihre Kursteilnehmerinnen. Seit 2003 betreibt die Modedesignerin ihr eigenes Atelier in Zeuthen. Schon als Kind hat sie bei ihrer Tante in Mecklenburg-Vorpommern mit Stoffen gearbeitet und viel über die Schneiderei gelernt. Sie machte ihre Liebe zum Umgang mit Stoffen aber nicht zum Beruf. Zunächst wurde sie Krankenschwester, war Optikerin, erst im Jahr 2000 machte sie die Schneiderei und das Entwerfen von Kleidung zum Hauptberuf. „Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einmal Kleider von der Stange gekauft zu haben“, sagte sie. In ihren Kursen vermittelt sie vor allem den Spaß am Selbstgestalten. Sie gibt Tipps für die richtige Stoffauswahl und schult ihre Kursteilnehmer im Umgang mit den Profi-Nähmaschinen.

Sabine Fiedler (links), Sigrun Pfitzenreuter (mitte) und Ute Weckend (rechts) zeigten eine Auswahl ihrer Gemälde, Lithografien, Radierungen, und Zeichnungen in der Bibliothek in Zeuthen-Miersdorf. (Foto: jl)
Sabine Fiedler (links), Sigrun Pfitzenreuter (mitte) und Ute Weckend (rechts) zeigten eine Auswahl ihrer Gemälde, Lithografien, Radierungen, und Zeichnungen in der Bibliothek in Zeuthen-Miersdorf. (Foto: jl)

In der Bibliothek in Miersdorf stellten gleich drei Künstlerinnen eine Auswahl ihrer Gemälde und Grafiken aus: Sabine Fiedler, Sigrun Pfitzenreuter und Ute Weckend. Sabine Fiedler, 1953 in Dresden geboren, kam erst spät zur bildenden Kunst, obwohl sie während ihrer Ausbildung zur Bodendenkmalpflegerin und Sachzeichnerin für Archäologie das Handwerkliche gelernt hatte. Ursprünglich hatte sie Gesang studiert. Erst im Jahr 2000 nahm sie ihre künstlerische Arbeit auf und erweiterte ihre Fähigkeiten bei Michael Bock und anderen Künstlern.

Sigrun Pfitzenreuter, 1941 in Elbing geboren, ist studierte Buchillustratorin. Sie zeigte unter anderem Bilder, welche sie in Frottagetechnik anfertigte. Dabei wird das Papier auf rauhe Oberflächen, beispielsweise Holz gelegt und mit Kreide oder Kohle darüber gerieben. Die Strukturen, die sich auf das Papier abbilden bilden für Sie die Vorlage, Details herauszuarbeiten. Dabei kommen je nach Untergrund Gesichter, Tiere oder Figuren zum Vorschein.

Ute Weckend hat in Abendschulkursen an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden studiert. Seit 2004 lebt die 1966 in Dresden geborene Künstlerin in Eichwalde. In ihren Bildern verarbeitet sie Landschaftseindrücke gleichermaßen wie die Stadtansichten von Dresden. Ihre Radierungen

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