Der zweite Weltkrieg war in Eichwalde 13 Tage früher zuende

Eichwalde. Mit der Kapitulation der Wehrmacht am 8. Mai 1945 endete der zweite Weltkrieg offiziell. Ihre Kontrolle über Eichwalde verlor die Wehrmacht aber bereits 13 Tage zuvor. Die meisten Eichwalder Zeitzeugen von damals sind mittlerweile verstorben oder im Zeitraum zwischen 1945 und 1961 aus Eichwalde verschwunden. Einer der wenigen verbliebenen ist Ortschronist Wolfgang Flügge. Er berichtet von der Niemandszeit, in der es in Eichwalde weder deutsche noch russische Soldaten gab und vom Einmarsch der Russen. Es waren die Tage zwischen dem 23. und 25. April 1945. In diesem Zeitraum verschwand auch der Bürgermeister Erich Rix, der Mitglied der NSDAP war. „Er war ein 200-prozentiger“, erzählt Flügge, der zum Kriegsende neun Jahre alt war. Der stellvertretende Bürgermeister Streichan hisste damals die weiße Flagge am Rathaus. Flügge selbst verbrachte die Zeit vom 20. bis 25. April gemeinsam mit seiner Familie und Flüchtlingen aus Schlesien in einem Luftschutzkeller.

Aufgrund der NS-Propaganda hatten die Menschen auch in Eichwalde große Angst vor den Russen. Der 79-Jährige erzählte von einem Schulausflug zu einer Propaganda-Ausstellung, in der ein düsteres, furchteinflößendes Bild der Russen gezeigt wurde. Viele Eichwalder seien kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in den Westen geflohen, da sie lieber in amerikanischer Gefangenschaft leben wollten, als russischen Soldaten in die Hände zu fallen, erzählt der Ortschronist.

 

Die Russen durchsuchten den Ort Haus für Haus nach deutschen Soldaten. Flügge schildert, die Soldaten auch in ihren Luftschutzkeller kamen, nach deutschen Soldaten suchten und die Frauen mitnahmen, sie vergewaltigten. Um Schutz vor solchen Übergriffen zu finden, sei er mit seiner Familie auf den Dachboden gezogen, nur von außen mit einer Leiter zugänglich war. Von dort trauten sie sich erst Tage später wieder herunter.

Flügge erzählt, dass die Brücke über die Dahme in Schmöckwitz kurz vor dem Kriegsende gesprengt worden war. Innerhalb kürzester Zeit errichteten die russischen Soldaten dort eine Behelfsbrücke aus Kähnen, die später durch eine Holzbrücke ersetzt wurde. Anfang Mai kampierten russische Soldaten auf einem großen Grundstück in der Nähe des Wasserwerks an der Mariannenstraße. Am 9. Mai feierten sie mit Geschützen am Wasserturm mit einem großen Feuerwerk den Sieg über das Naziregime.

Wenige Tage nach der Kapitulation errichteten die Besatzungstruppen eine Kommandantur in der Banhofstraße. Die Bürger in Eichwalde mussten alle technischen Geräte, Radios, sogar Autos bei der Kommandantur abgeben. Der russische Kommandant ernannte den stellvertretenden Bürgermeister Streicher offiziell zum Bürgermeister. Dieser sei jedoch mit seiner Aufgabe überfordert gewesen, so dass schon bald der Kommunist Franz Errulat zu seinem Nachfolger ernannt worden sei, erzählt Flügge. Errulat übergab der Kommandantur eine Liste, auf der die NSDAP-Mitglieder in Eichwalde aufgeführt waren. Rund 500 Personen wurden daraufhin verhaftet. Kaum einer wurde später wieder gesehen.

1946 wurde der Sozialdemokrat Kurt Wegner Bürgermeister. Er äußerte sich jedoch kritisch über den Zusammenschluss von KPD und SPD, woraufhin er verhaftet werden sollte. Er floh jedoch 1949 nach Westberlin, wo er später Bürgermeister von Charlottenburg wurde.

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