KaWe Kurier stolpert über Falschmeldung in Facebook

Ente im KaWe Kurier.
Ente im KaWe Kurier.

Eichwalde/Region. Die Unwahrheit wird nicht zur Wahrheit, in dem man sie möglichst häufig weiter verbreitet. Offenbar hatte der Chefredakteur des KaWe Kuriers nicht recherchiert, bevor er eine beängstigende Nachricht auf der Titelseite kurz vor Redaktionsschluss platzierte und damit seine Zeitungsente in der aktuellen Ausgabe der kostenlosen Wochenzeitung produzierte. Mit seriösem Journalismus hat das nichts zu tun.

Am Nachmittag 29. Oktober 2015 verbreiteten besorgte Mütter und weitere Nutzerinnen eine Nachricht über Facebook, die sich als falsch herausstellte. Demnach soll ein etwa 40 Jahre alter Mann mehrere Kinder in Eichwalde angesprochen, nach ihren Namen und weiteren persönlichen Details befragt haben soll. Als Quelle dieser Information wurde der Hort Buntstifte genannt, die sich auf die Polizei berief.

Der Chefredakteur des KaWe Kuriers, Ulrich Rochow, erklärte heute gegenüber den Eichwalder Nachrichten, dass sich die Information nun relativiert habe, es kein aktuelles Gefahrenpotenzial gebe. Er bestätigte, die ursprüngliche Nachricht vom Hort Buntstifte erhalten zu haben.

Richtig ist, dass die Polizei bundesweit, so im Landkreis Dahme-Spreewald auch unabhängig von besonderen Anlässen in Schulen, Hort und Kindertagesstätten im Rahmen der Prävention regelmäßig Kinder sachlich darüber informiert, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie beispielsweise von fremden Personen angesprochen werden.

Die Falschmeldung über einen etwa 40-jährigen Mann, der Kinder in Eichwalde ansprechen soll, verbreitete sich über Facebook wie ein Lauffeuer.
Die Falschmeldung über einen etwa 40-jährigen Mann, der Kinder in Eichwalde ansprechen soll, verbreitete sich über Facebook wie ein Lauffeuer.

Nach unseren Recherchen hatte eine Mitarbeiterin des Hortes tatsächlich per E-Mail die Eltern über angebliche Vorfälle am Donnerstag, 29. Oktober 2015 informiert und dabei die Fakten nicht korrekt dargestellt. Vielmehr soll nur ein Mädchen angesprochen worden sein. „Die Betonung liegt auf EIN“, berichtete heute ein Nutzer in einer Facebook-Gruppe, wo die Ente aus dem KaWe-Kurier ausführlich diskutiert wird. Das Präventiv-Team der Polizei sei nach dem Vorfall vor Ort gewesen und habe entsprechend Tipps zum Verhalten gegeben. Eine Hortnerin soll gefragt haben, ob die Polizei den Vorfall öffentlich machen werde. Weil es keine Anhaltspunkte und Ermittlungsansätze gäbe, habe die Polizei dies verneint. „Da hat diese Hortnerin die Sache „aufpoliert“, da waren es mehrere Kinder! – und hat es … verbreitet“, so der Facebook-Nutzer in der Gruppe.

Falschmeldung wird im Halbminutentakt weiter verbreitet

Ein Facebook-Nutzer bestätigte, dass die Meldung falsch ist. Er hatte bei der Polizei nachgefragt.
Ein Facebook-Nutzer bestätigte, dass die Meldung falsch ist. Er hatte bei der Polizei nachgefragt.

Die Eigeninitiative – welche die Erzieherin nach unserer Einschätzung sicher nicht aus böser Absicht ergriffen hatte – wurde schnell zum Selbstläufer. Besonders engagiert war eine Facebook-Nutzerin, die innerhalb kürzester Zeit offenbar im Halbminutentakt die Nachricht weiter verbreitete:

  • 29.10.2015, 14:02 Uhr: Eine Facebook-Nutzerin teilt die Nachricht auf der Facebook-Seite des Club Eichwalde. Die Seite wurde bislang 104 Mal mit einem „Like“ markiert. Facebook-Nutzer, die ihre Sympathie für die Facebook-Seite ebenfalls mit einem „Gefällt mir“ kundgetan haben werden dadurch automatisch über neue Nutzerbeiträge auf dieser Seite informiert, sofern sie diese Funktion nicht abgeschaltet haben.
  • 29.10.2015, 14:02 Uhr: Die Nutzerin teilt die Nachricht auf der Facebook-Seite des Online-Magazins Eichwalder Nachrichten. (278 „Gefällt-mir“-Angaben für die Seite)
  • 29.10.2015, 14:03 Uhr: Die selbe Nutzerin teilt die Nachricht auf der Facebook-Seite des Eichwalder Heimatvereins. (91 „Likes“ der Seite)
  • 29.10.2015, 14:03 Uhr: Die Meldung wird von der selben Nutzerin auf der Facebook-Seite „Wir in Eichwalde geteilt“. (50 „Gefällt-mir“-Angaben für die Seite)
  • 29.10.2015, 14:05 Uhr: Die gleiche Nutzerin teilt die Meldung auf der Facebook-Seite des Sportvereins „Ajax Eichwalde 2000“. (236 „Likes“ für die Facebook-Seite)
  • 29.10.2015, 14:05 Uhr: Die Nutzerin teilt die Meldung auf der Facebook-Seite „KJP Eichwalde“. (70 „Likes“ für die Seite)

Nicht nur auf Facebook-Seiten, sondern in Facebook-Gruppen wird die Falschmeldung geteilt und diskutiert:

  • 29.10.2015, 17:40 Uhr: Eine andere Nutzerin teilt die Nachricht in der Facebook-Gruppe „Wir in Eichwalde“. Die Gruppe hat derzeit 141 Mitglieder. Gruppenmitglieder diskutieren darüber. Wir bitten darum, uns die ursprüngliche E-Mail-Nachricht an die Mail-Adresse unserer Redaktion zu senden, da wir den Sachverhalt prüfen und überhaupt klären wollten, ob die E-Mail echt ist. Die E-Mail wurde uns nicht gesendet.
  • 30.10.2015, 17:36 Uhr: Die selbe Nutzerin teilt einen Beitrag in der Gruppe „Wir in Eichwalde“, der ursprünglich in der Facebook-Gruppe „Du kommst aus Königs Wusterhausen wenn…“ veröffentlicht wurde. Daraus geht hervor, dass es sich um eine Falschmeldung handelt. Der Nutzer hatte sich bei der Polizei erkundigt.
  • 11.11.2015, ca. 15 Uhr: Eine Nutzerin fotografiert die Zeitungsente aus dem KaWe Kurier, veröffentlicht das Foto in der Gruppe „Du kommst aus Königs Wusterhausen wenn…“ und ist offenbar immer noch verunsichert, ob etwas dran ist an der Meldung.

Wie häufig die Falschmeldung über andere soziale Netzwerke und Informationskanäle verbreitet wurde, haben wir nicht weiter recherchiert. Es ist aber wahrscheinlich, dass dies der Fall ist.

Polizei warnt vor Panikmache und setzt auf sachliche Information

„Man sollte von hysterischen Gerüchten die Finger lassen“, warnte Torsten Wendt von der Pressestelle der Polizeidirektion Süd gegenüber den Eichwalder Nachrichten. Seit mehreren Jahren habe eine gewisse Hysterie zugenommen, beispielsweise die erfundene Geschichte mit dem weißen Transporter, dessen Insassen angeblich Kinder entführten oder Erwachsene, die als lebende Organspender missbraucht würden. „Natürlich passiert es, dass Erwachsene Kinder ansprechen. Das kann durchaus einen harmlosen Hintergrund haben, muss es aber nicht“, erklärte der Polizeisprecher und warnte ausdrücklich vor unbegründeten Panikreaktionen. Vielmehr sei es wichtig und richtig, Kindern zu erklären, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie von unbekannten angesprochen werden, ohne dabei Ängste zu schüren, eben mit der notwendigen Sachlichkeit.