Erwarteter Fluglärm drückt Immobilienpreise – Makler sehen Studie mit Skepsis

Der zu erwartende Fluglärm lässt die Immobilienpreise sinken, je näher ein Haus oder eine Wohnung am Flughafenstandort liegt. Das sagen Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. (Foto: Jörg Levermann)
Der zu erwartende Fluglärm lässt die Immobilienpreise sinken, je näher ein Haus oder eine Wohnung am Flughafenstandort liegt. Das sagen Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. (Foto: Jörg Levermann)

Region (pm). Anfang September erklärte Horst Aman, der neue Technik-Chef  des Hauptstadt-Flughafens, dass der Airport am am 27. Oktober 2013 eröffnet werden soll. So mancher Bewohner im direkten Umfeld des Flughafens mag sich vielleicht freuen, noch einen weiteren Sommer mit weniger Fluglärm genießen zu dürfen. Doch der zu erwartende Lärm sorgt bereits heute dafür, dass die Immobilienpreise im Umfeld des Flughafens deutlich sinken. Das wollen Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin heraus gefunden haben. Andreas Mense und Konstantin Kholodilin untersuchten, wie die Verkäufer von Häusern und Wohnungen im Süden Berlins auf die Ankündigung der neuen Flugrouten im Juli 2011 reagiert haben. Für jeden Kilometer, den die Flugrouten näher rücken, sinken die Preise für Immobilien um bis zu neun Prozent. In der Spitze sinken die Verkaufspreise um rund ein Drittel. „Fluglärm kommt Immobilienbesitzer teuer zu stehen“, fassen die beiden Wissenschaftler zusammen.

Für ihre Untersuchung haben die Wirtschaftsforscher mehr als 6.000 Anzeigen der drei Immobilienportale im Internet Immobilienscout24, Immonet und Immowelt ausgewertet, die zeitnah zu den Ankündigungen der Flugrouten erschienen sind. Nachdem die im September 2010 vorläufig veröffentlichten Flugrouten heftige Proteste ausgelöst hatten, stellte die Deutsche Flugsicherung im Juli 2011 überarbeitete Flugkorridore vor, die im Januar 2012 weitgehend unverändert als endgültig festgestellt wurden. „Auf die neuen Flugkorridore vom Juli 2011 haben die Immobilienpreise bereits deutlich reagiert. Am stärksten ist der Preisverfall im Süden Berlins, insbesondere in Köpenick und Schönefeld sowie im Süden Neuköllns“, erklärt Konstantin Kholodilin, Wissenschaftler am DIW in Berlin. Um den Effekt der erwarteten Lärmbelastung auf die Immobilienpreise zu isolieren, haben die Wissenschaftler zahlreiche weitere Einflüsse auf den Preis, wie zum Beispiel die Qualität der Häuser und Wohnungen und ihre Anbindung an die lokale Infrastruktur, quantifiziert und heraus gerechnet.

Je näher eine Immobilie an einem Flugkorridor liegt, um so niedriger der Verkaufspreis

Eine durchschnittliche Etagenwohnung (3. bis 5. Stock, Baujahr zwischen 1998 und 2004, zirka 72 Quadratmeter Wohnfläche, mit Balkon oder Terrasse, in neuwertigem Zustand), die im Juli 2011 erstmals 4,5 Kilometer oder weniger von einem Flugkorridor entfernt liegt, kostet aufgrund des voraussichtlichen Fluglärms 8,8 Prozent weniger für jeden Kilometer. Bei einem durchschnittlichen Reihenhaus (5 Zimmer, etwa 145 Quadratmeter Wohnfläche, ohne Balkon oder Terrasse, in neuwertigem Zustand) sinkt im Preis um 8,9 Prozent pro Kilometer. „Der Quadratmeterpreis einer durchschnittlichen Wohnung oder eines durchschnittlichen Reihenhauses sinkt damit von rund 2.100 auf 1.900 Euro, wenn der Flugkorridor einen Kilometer an den Standort der Immobilie heranrückt“, sagt Andreas Mense, Wissenschaftlicher an der Universität Erlangen und Autor der Studie.

„Hausverkäufer reagieren innerhalb kurzer Zeit auf die Veröffentlichung neuer Planungen für die Flugrouten“, stellen die Wissenschaftler fest. „Flughäfen in der Nähe dicht besiedelter Wohngebiete können daher einen bedeutenden Teil des Vermögens der dort lebenden Menschen zerstören. Deshalb sind ein transparenter Planungsprozess und eine starke Bürgerbeteiligung wichtig für den Bau oder die Erweiterung eines Flughafens“, dieses Fazit ziehen Andreas Mense und Konstantin Kholodilin aus den Ergebnissen ihrer Studie.

Studie stößt bei Immobilienmaklern auf Skepsis

Norbert Volkmann sieht die Ergebnisse der Studie mit großer Skepsis. Der Immobilien-Makler aus Zeuthen ist Mitglied im Gutachterausschuss des Landkreises, der die Bodenrichtwerte und Immobilienpreise beobachtet und statistisch auswertet. „In Freising wurden vor vielen Jahren Grundstücke bei 60-70 Euro je Quadratmeter gehandelt. Heute kostet der Quadratmeter dort in Flughafennähe 270 bis 400 Euro“, erklärte Volkmann auf Nachfrage der Eichwalder Nachrichten. Zwar stagnierten die Immobilienpreise derzeit ein wenig, aber die Preise werden sicher zwischen 20 und 30 Prozent steigen, so der Immobilienmakler.

”Der Kaufpreis ist aber nicht nur vom Fluglärm abhängig sondern noch von viel mehr Faktoren“, gibt Harald Geisler, Makler in Schulzendorf zu bedenken. „Wir haben in unserer Region ein relatives stabiles Preisniveau“, fügt er hinzu. Der Marktbericht des Gutachterausschusses von 2012 komme zu dem Ergebnis, dass seit den letzten fünf Jahren die Preisentwicklung im Landkreis stabil sei.

Auch Immobilienmakler Holger Schmidt aus Eichwalde kann die Aussage der Studie nicht bestätigen: „Da in unserer Region sehr wenige Immobilien zur Verfügung stehen sind die Preise noch nicht gesunken.“

Andreas Lier, ebenfalls Makler in Eichwalde, wollte das ebenfalls nicht bestätigen, dass die Immobilienpreise sinken. „Im Gegenteil, ich beobachte eher ein leichten Preisanstieg“, sagte Lier. Letztendlich könne man die Auswirkungen des Fluglärms doch erst dann abschätzen, wenn der Flughafen in Betrieb gehe. (jl)

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