Wir nennen es Punkruine

Eichwalde. Jahrzehnte war es unbewohnt, das kleine Haus auf einem verwilderten Gartengrundstück in der Fontaneallee. Am 17. August 2013 feierten drei Punk-Rocker dort mit Gästen aus der Nachbarschaft und Musikern aus Berlin die Eröffnung ihres nagelneuen Tonstudios. Seit April wurde an dem jahrelang leerstehenden Haus gearbeitet. Dabei ist der Charme des alten Hauses, von dem der Putz der Fassade in großen Stücken abgefallen ist, erhalten geblieben. „Deshalb nennen wir es auch Punkruine“, sagt Christian Willmes, der als Sänger und Rhythmus-Gitarrist Willy Wombat in der gleichnamigen Berliner Punkrock-Band spielt. Die Fassade sei lediglich versiegelt worden. Gemeinsam mit Schlagzeuger Martin Schultheiß und Bassist Jürgen Becker gründeten er das Independant-Label W-SoundRecords. Jetzt haben sie ein eigenes Tonstudio in Eichwalde.

Christian Willmes, alias Willy Wombat, am Mischpult der Schaltzentrale des nagelneuen Tonstudios in Eichwalde. (Foto: Jörg Levermann)
Christian Willmes, alias Willy Wombat, am Mischpult der Schaltzentrale des nagelneuen Tonstudios in Eichwalde. (Foto: Jörg Levermann)

Vor Jahrzehnten war auf dem Grundstück die Kohlenhandlung Jacob. „Als Kind haben wir auf dem Grundstück Briketts in Kiepen gestapelt und bekamen dafür ein paar Pfennige“, erinnert sich ein Nachbar. Der Kohlenhändler Jacob ging vermutlich in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den Westen. Zu DDR-Zeiten lebte in dem Haus eine Familie zur Miete. Etwa zehn Jahre nach der friedlichen Revolution von 1989 wurde das Grundstück an die Eigentümer rückübertragen. Zunehmend verwilderte der Garten und der Zahn der Zeit nagte an dem leerstehenden Haus, bis die Berliner Musiker das Grundstück kauften und investierten.

Die Willy Wombat Band hatte zunächst ihre Aufnahmen für ihre CD-Veröffentlichungen im eigenen Probenraum gemacht. Doch irgendwann kamen die drei Musiker, die im Hauptberuf Architekt, Systemadministrator und IT-Betrater sind, auf die Idee, ein eigenes Label mit Tonstudio zu gründen. „Bei den Aufnahmen legen wir großen Wert auf authentische Stimmen. Da wird nichts elektronisch geschönt“, fügt er hinzu, als er durch die Punkruine führt, die im Innern mit warmen Farben an den Wänden ein kreatives Wohlfühlklima schafft.

Am Grundriss habe man gar nichts geändert. Alle Räume sind mit modernster Video-Technik ausgestattet und übertragen das Geschehen in den Mischraum, der Schaltzentrale, die ein ein 32-Kanal-Mischpult beherbergt und ebenfalls mit einer Videokamera und Displays ausgestattet ist. So können sich Musiker und Techniker sehen, egal in welchem Raum der Schlagzeuger sitzt oder Bläser, Gitarristen und Sänger Musik machen. Schallschutzfenster lassen künftig den Fluglärm draußen und sorgen für Frieden mit der Nachbarschaft, egal, wie laut im Innern das Solo auf der E-Gitarre gespielt wird. Rund 60.000 Euro hat das Haus mit Grundstück gekostet. Etwa den gleichen Betrag investierten Punk-Rocker in die Studiotechnik und den Umbau des alarmgesicherten Hauses.

„Wir nehmen auch Bands unter Vertrag“, erzählt Willmes. „Dabei ist uns wichtig, dass vor allem die Musiker, Songschreiber und Texter vom erzielten Gewinn großzügig profitieren“, fügt der Musiker hinzu. Ihnen sei vor allem wichtig, dass auch Bands mit schmalem Budget in der Punkruine ihre Songs aufnehmen können.