Gemeindevertreter sind überrascht über Rückzug des Bürgermeisters aus der Lokalpolitik

Jürgen von Meer (Foto: Jörg Levermann)
Jürgen von Meer (Foto: Jörg Levermann)

Eichwalde. „Fast wie ein Jammern erschien mir die Begründung für den Rückzug von Bürgermeister Speer von seiner Kandidatur“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen von Meer. Es habe keinen Bruch zwischen Gemeindevertretung und Bürgermeister gegeben. Vielmehr seien in letzter Zeit viele Anträge fraktionsübergreifend eingebracht worden. „Die Gemeindevertretung war noch nie so gut besetzt wie jetzt“, so der 51-jährige CDU-Politiker. Speer gehe offenbar den Weg des geringsten Widerstands bei den Verhandlungen über die neue Querung der Bahnlinie an der Friedenstraße, kritisiert von Meer.

Linke lobt die Arbeit des Bürgermeisters

Martin Kalkoff, Fraktionsvorsitzender der Linken. (Foto: Jörg Levermann)
Martin Kalkoff, Fraktionsvorsitzender der Linken. (Foto: Jörg Levermann)

„Wir können den Bürgermeister gut verstehen, warum er nicht mehr kandidieren will und bedauern das außerordentlich“, sagte Martin Kalkoff, Fraktionschef der Linken und fügte hinzu: „Im Gegensatz zur Meinung anderer Fraktionen, hat er gute Arbeit geleistet.“ In zentralen Fragen der aktuellen Haushaltsplanungen will Kalkoff die Forderungen der übrigen Fraktionen nicht unterstützen. Denn er sehe keine Möglichkeit, dass Eichwalde bei seiner Struktur und den Einnahmen aus der Einkommensteuer der Bevölkerung einen ausgeglichen Haushalt schaffen könne. „Das wird in Folgejahren außerordentliche Probleme bereiten“, warnte Kalkoff. Vielmehr beobachte er einen gewissen Realitätsverlust bei vielen Gemeindevertretern. Personaleinsparungen allein hält er für nicht ausreichend, um einen ausgeglichenen Haushalt auch in kommenden Jahren zu schaffen. „Vielmehr bin gespannt auf die Konzepte der Bürgermeisterkandidaten gespannt“, so der Gemeindevertreter der Linken.

B90/Grüne schätz die gute Zusammenarbeit mit den übrigen Fraktionen

Wolfgang Burmeister, Bündnis 90/Grüne. (Foto: Jörg Levermann)
Wolfgang Burmeister, Bündnis 90/Grüne. (Foto: Jörg Levermann)

Mit Blick auf den Vorwurf der Blockadehaltung der Gemeindevertreter sagte Wolfgang Burmeister, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Grüne: „Es ist sicher ein Teil unserer Arbeit, das immer wieder neue Beschlussvorlagen eingebracht werden. Diese Gemeindevertretung arbeitet aber in hohem Maße sachbezogen.“ Es kommt eben häufiger zu kritischen Nachfragen und gelegentlich dazu, dass etwas nicht beschlossen werde. Durch die aktuelle Kita-Politik fühlt sich Burmeister stark unter Druck gesetzt. Die Fördermittel flössen nicht mehr so sehr wie in vergangenen Jahren. Aber was die Zusammenarbeit mit den übrigen Fraktionen angeht, teilt er von Meers Ansicht, dass Gemeindevertreter noch nie so gut zusammengearbeitet haben, wie heute.

SPD übt Kritik an vorgelegtem Personalkonzept

Anja Röske, SPD-Fraktion. (Foto: Jörg Levermann)
Anja Röske, SPD-Fraktion. (Foto: Jörg Levermann)

Überrascht vom Rückzug des Bürgermeisters zeigt sich auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Anja Röske. In letzter Zeit habe sie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Fraktionen wahrgenommen. Besonders in den letzten Monaten sei die fraktionsübergreifende Arbeit besonders intensiv gewesen. Dies sei von Seiten des Bürgermeisters unterstützt worden.

Dass es in der Arbeit zwischen Verwaltung und Gemeindevertretung hakt, sieht Röske vor allem im der mangelnden Kommunikationsbereitschaft des Bürgermeisters und darin, dass er wenig konstruktive Vorschläge gemacht habe. Das von der Gemeindevertretung eingeforderte Personalentwicklungskonzept will auch die SPD-Fraktion voran bringen. „Wir haben viele Vorschläge und Anregungen gemacht, aber es passiert gar nichts“, kritisiert Röske und fügt hinzu: „Das vom Bürgermeister vorgelegte Personalkonzept entspricht nicht unseren Erwartungen. Er macht keine konkreten Angebote. Das Konzept zeigt nicht auf, welche Potenziale sich zur Optimierung ergeben.“ Dabei sei es überhaupt nicht ihre Absicht, die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren. Vielmehr gehe es darum, Arbeitsabläufe zu optimieren und zu überlegen, ob Mitarbeiter von ihren Fähigkeiten her die richtigen Positionen bekleideten und wie das Personal entsprechend entwickelt werden könne, so die SPD-Fraktionschefin.

WIE bemängelt Trägheit bei Entscheidungsprozessen

Jörg Jenoch, WIE-Fraktion. (Foto: Jörg Levermann)
Jörg Jenoch, WIE-Fraktion. (Foto: Jörg Levermann)

Auch Jörg Jenoch, stellvertretender Sprecher der WIE-Fraktion (Wählerinitiative Eichwalde) und Bürgermeisterkandidat sieht keine Blockadehaltung der Gemeindevertreter. In der Vergangenheit habe es häufig Treffen mit Bürgermeister Speer gegeben, auch um das Personalkonzept zu besprechen. Offenbar ist das vom Bürgermeister vorgelegte Konzept ein Schnellschuss. Erst einen Tag bevor es fertig gestellt werden sein sollte, soll Speer seine Amtsleiter in die Pflicht genommen haben, dazu die Zuarbeit zu leisten. „Der Bürgermeister hat seit März 2016 den Auftrag von Gemeindevertretung dazu“, kritisiert Jenoch. Dabei geht es der WIE-Fraktion auch darum, die Mitarbeiter besser zu motivieren, doppelte Arbeitsvorgänge zu vermeiden und Aufgaben, die nicht notwendig sind, zu streichen. Zwar habe die Gemeinde eine Firma für die Verwaltung der kommunalen Immobilien beauftragt, jedoch sei eine Verwaltungsmitarbeiterin ebenfalls damit beschäftigt. Allein vier Mitarbeiter sind dem Bürgermeister zugewiesen.

Vor rund acht Jahren hatte die WIE Speer als Bürgermeisterkandidat vorgeschlagen. Damals schien ihnen seine berufliche Ausbildung ideal zu sein, um Bürgermeister von Eichwalde zu werden. „Unser Problem ist, dass wir in den letzten Jahren kaum Entscheidungen gefällt haben“, mahnt Jenoch an. Seit rund acht Jahre liege das Projekt Badewiese brach und seit Jahren Zeiten gehe es darum, seniorengerechtes Wohnen zu realisieren. Passiert sei allerdings nichts, erklärte der WIE-Sprecher.