Luthers Frau schmiss den Laden

Zeuthen. Die Kirchengemeinde Zeuthen lud am Samstag, dem 27. Mai 2017, zu einer besonderen kulturellen Aufführung in die Martin-Luther-Kirche ein. Mit dem Kammerspiel „Die Tischreden der Katharina Luther“ durften sich die Zuschauer auf eine außergewöhnliche literarische Darbietung freuen. Passend zum gegenwärtigen Jubiläumsjahr – 500 Jahre Reformation!

In Zeiten der Pest leitete Katharina von Bora ein Hospiz, in dem sie mit anderen Frauen Kranke pflegte. Heime, Häuser sowie andere soziale und kirchliche Einrichtungen tragen noch heute ihren Namen. (Foto: Christian Dederke)

Bedeutende Jubiläen fordern besondere Aufmerksamkeit! Es gibt kaum eine Persönlichkeit, die so bekannt ist wie Martin Luther, sowohl als Kirchenkritiker und Vater der Reformation, als auch Übersetzer der Bibel und als Symbol für Standhaftigkeit und Mut. Der große Reformator Martin Luther nagelte am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen an das Wittenberger Kirchentor –  seine Ansichten veränderten die Welt. Jedoch ein selbstbewusster Mann braucht eine ebenso starke Frau an seiner Seite. Katharina von Bora war die kluge Frau des Reformators und ihm ebenso ebenbürtig. Aber wer war diese sächsische Adlige, erfolgreiche Unternehmerin und Ordensfrau?

„Alle deine Plagen schiebst du auf den Teufel,
aber heute Mittag hast du einfach zu viel vom Kohl gegessen!“

 > Klar und Direkt – Elisabeth Haug in der Rolle von Katharina Luther <

Martin Luther hämmerte die 95 Thesen an die Kirchentür zu Wittenberg, Katharina Luther, wie sie nach der Hochzeit hieß, schmiss den Laden und ertrug ein Leben lang den feinen Unterschied zwischen gesprochenem Wort und gelebter Wirklichkeit. Einsichten in das Eheleben gab uns das feinsinnige Kammerspiel an diesem Abend. Das kleine aber feine Bühnenspiel, nach dem Buch „Wenn Du geredet hättest Desdemona – Ungehaltenen Reden ungehaltener Frauen“ von Christian Brückner, wurde von der Berliner Schauspielerin Elisabeth Haug dargeboten. Sie schlüpfte in die Rolle der ehemaligen Nonne Katharina von Bora. Als Ehefrau von Martin Luther stellt sie selbstbewusst ihre weibliche Sicht auf das Zeitgeschehen dar. Als gebildete und des Lateins mächtige Frau zeigt die lebenskluge Partnerin des großen Reformators eine natürliche Geistigkeit und tiefe weibliche Urteilskraft, wenn sie gleichsam beim Zubereiten der Suppe über Armut, Gehorsam oder das Werk ihres Mannes sinniert.

Die sächsische Stadt Torgau vergibt seit 2011 jährlich den Katharina-von-Bora-Preis als Anerkennung für „herausragendes weibliches Engagement“. (Foto: Christian Dederke)

Als praktische Frau, die einen großen Haushalt zu führen hatte, gestattet sie uns einen Blick in das auch amüsante Alltagsgeschehen bei Luthers: „Du wirst dick, du frisst zu viel in dich hinein, alle deine Plagen schiebst du auf den Teufel, aber heute Mittag hast du einfach zu viel vom Kohl gegessen!“

Die Berliner Künstlerin Elisabeth Haug setzte sich in ihrem Kammerspiel intensiv und spirituell mit dem Wirken der Frau an Luthers Seite auseinander. Auf beeindruckende Weise erweckte sie Katharina von Bora als Ehefrau des großen Reformators zum Leben. Dabei gelang der Schauspielerin eine sensible Annäherung an das reformatorische Gedankengut. Ihre Katharina interpretiert die Inhalte auf eigene Art, indem sie sich innerlich intensiv mit allen Fragen ihrer Ehe und dem gemeinsamen Leben mit Luther auseinandersetzt. Dabei setzt sie Herz und Verstand gleichberechtigt ein und regt so eine sensible und spannende Glaubensdebatte an. Ihre Gedanken greifen Luthers Thesen auf, spiegeln sie wider, denken sie weiter und transportieren sie in unsere Gegenwart. Als Zeitzeugin tief greifender geistiger und gesellschaftlicher Veränderungsprozesse des 16. Jahrhunderts, ist es überraschend aktuell, was „die Lutherin“ ihrem Martinus hier zu sagen hat: „Stiften muss man den Frieden. Und wenn Frieden in jedem einzelnen Haus ist, dann ist Frieden im ganzen Land.“ Ihre wahre Charakterstärke zeigt sich, wenn sie Luther sehr feinsinnig und in vollkommener Liebe und Fürsorge den Spiegel vorhält: „Wenn du kleinmütig bist, kann ich deine wahre Größe erkennen.“

Viel Applaus. Gitarrist Jacob David Pampuch und die Schauspielerin Elisabeth Haug bedanken sich beim Publikum.(Foto: Christian Dederke)

Zur Atmosphäre trug auch die einfühlsame musikalische Begleitung bei. Der Gitarrist Jacob David Pampuch verstand es mit seinen Gitarrenimprovisationen der „Katharinen-Musiken“ die spätmittelalterliche Stimmung in der Zeuthener Kirche zu erwecken. Die „Kleinen Katharinen-Musiken“ wurden vom Gitarrist Markus Virck als Gitarrenimprovisationen entwickelt, deren Klangbilder die Feinsinnigkeit und das große Herz dieser besonderen Frau im Schatten ihres Mannes widerspiegeln.

Die Zuschauer wurden Zeugen einer faszinierenden Begegnung künstlerisch spiritueller Art um Glaubensfragen. Die abwechselnde heitere, ernste und tiefgründige Atmosphäre des Lutherhaushalts hinterließ beim Publikum einen nachhaltigen Eindruck, der zum Nachdenken und humorvollen Weitersinnieren anregen wird.