Kommentar: Augen zu und durch! Warum es keinen BBI-Baustopp geben wird

Die Entscheidung am Ende des Raumordnungsverfahrens für den Flughafenstandort Schönefeld war eine politische Fehlentscheidung. Getroffen wurde sie am 26. Mai 1996 vom damals regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), dem Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) und Manfred Stolpe (SPD), Brandenburgs Ministerpräsident. Das Raumordnungsverfahren ergab, dass die Standorte Speerenberg und Jüterbog deutlich besser geeignet sind als Schönefeld. Dennoch entschieden sich die Regierenden für den bis heute umstrittenen Standort Schönefeld. Es war eine Entscheidung, deren Konsequenzen für die Wirtschaftlichkeit des Flughafens und für die vom Fluglärm  betroffenen Menschen im Berliner Süden und den südlichen Umlandgemeinden nun immer deutlicher werden. Ein wirtschaftlicher Betrieb des Großflughafens ist aus Sicht der Betreiber nur möglich, wenn auf beiden Start- und Landebahnen unabhängig voneinander gestartet und gelandet werden kann. Nach internationalen Richtlinien müssen die Flugrouten um mindestens 15 Grad voneinander abweichen. Dies hat zur Folge, dass nun mehr Menschen vom Fluglärm betroffen sind, als dies bis zum 6. September von Seiten der Politik kommuniziert wurde.

Wowereit und Platzeck haben sich unglaubwürdig gemacht. Klaus Wowereit hatte zwei Legislaturperioden Zeit, die Fehlentscheidung rückgängig zu machen. Dies ist nicht geschehen. Matthias Platzeck hatte als Ministerpräsident ab 2002 ebenfalls die Chance die Entscheidung für Schönefeld zu revidieren. Dass dies nicht geschah, lässt nur einen Schluss zu: Es bestand und besteht bis heute keinerlei Interesse daran, den Standort Schönefeld in Frage zu stellen. Das hätte lange vor dem ersten Spatenstich in Schönefeld passieren können. Jetzt sind schon rund drei Milliarden Euro in den märkischen Sand betoniert worden. Also heißt es einmütig: „Augen zu – und durch!“ Dem berechtigten Protest von einigen zehntausend Menschen in der Region stehen die Interessen von tausenden Unternehmen und einem Heer von Arbeitswilligen, die großartige Jobs in und um Schönefeld wittern, gegenüber. Alle wollen sie vom BBI profitieren. Menschen in Berlin, die billig fliegen und möglichst kurze Anreisewege zum Flughafen wollen, sind die vom Fluglärm Betroffenen ebenfalls ziemlich egal.

Wer bei der Lärmparade in Zeuthen mit dabei war, dem dürfte die emotionale Betroffenheit im Gesichtsausdruck von Matthias Platzeck aufgefallen sein. Dennoch hält der Ministerpräsident am Standort Schönefeld fest – egal, wie laut die Proteste dagegen sind. Jetzt sind die Bürgerinitiativen gefragt, die derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen. Statt sich untereinander den Schwarzen Peter zuzuschieben und mit unterschiedlicher Betroffenheit bezogen auf den Fluglärm zu argumentieren, sollten sie besser an einem Strang ziehen. Es geht nicht darum, ob die Jets ihren Lärmteppich über Eichwalde, Schulzendorf oder Zeuthen ausrollen. Eichwalde wird von der Fehlentscheidung immer betroffen sein, denn die Landeanflüge erfolgen weiterhin auf den so genannten geraden Anflugkursen nur rund 50 Meter nördlich der Waldstraße. Ein Zurück zu den alten Routen, wie sie im Planfeststellungsbeschluss 2004 kommuniziert wurden, kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Wer die seit einigen Wochen propagierte Kurve nach Süden, welche startenden Jets gleich nach dem Abheben fliegen sollen, ahnt nicht, dass womöglich Ragow und Mittenwalde den Fluglärm abbekämen. Jeder, der schon einmal mit einem Flugsimulator gespielt hat, jeder, der einmal Flugzeuge – egal welcher Größe – beobachtet hat, weiß, dass der Pilot ordentlich Schub geben muss, wenn er im Steigflug eine enge Kurve fliegen will. Die Maschinen sind dabei noch deutlich lauter. Man kann es also drehen und wenden wie man will. Der Großflughafen und mit ihm der Lärm kommt auf jeden Fall. Da nutzen auch keine Proteste von einigen Tausend in Zeuthen, Lichtenrade und im Januar wahrscheinlich auch in Eichwalde. Den Betreibern ist das ziemlich schnurz. Jetzt gilt es den Schaden zu begrenzen. Die Nachtflugregelung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2006 ist zwar besser als nichts, aber dennoch ein blanker Hohn. Das Nachtflugverbot ist durchlöchert mit Ausnahmeregelungen und schränkt die Nachtruhe auf fünf Stunden ein. Erholsamer Schlaf dauert länger.

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