Verfassungsgericht des Landes Brandenburg bestätigt Altanschließerbeiträge – VDGN übt massive Kritik

Damit sauberes Trinkwasser aus dem Hahn kommt, musste seit 1990 auch in das Abwassernetz und in Kläranlagen investiert werden. Die Kosten werden erst fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung in Rechnung gestellt. (Foto: Jörg Levermann)
Damit sauberes Trinkwasser aus dem Hahn kommt, musste seit 1990 auch in das Abwassernetz und in Kläranlagen investiert werden. Die Kosten werden erst fast 20 Jahre nach der Wiedervereinigung in Rechnung gestellt. (Foto: Jörg Levermann)

Region. Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat am vergangenen Freitag (21.9.2012) die Erhebung von Beiträgen für Investitionen in die Infrastruktur der Abwasserentsorgung, die tausende Haus- und Grundstückseigentümer in Brandenburg zahlen müssen, gebilligt. Das Gericht entschied, es verstoße nicht gegen die Landesverfassung, wenn Haus- und Grundstückseigentümer, die bereits vor dem 3. Oktober 1990 an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen waren, erst 2011 zu Anschlussgebühren herangezogen werden. Eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt, zu dem ein Grundstück an eine öffentliche Abwasserentsorgungseinrichtung angeschlossen worden ist, verlange die Landesverfassung nicht, heißt es in einer Presseerklärung des Verfassungsgerichts.

Der Verband der Haus- und Grundstücksnutzer (VDGN) zweifelt in einer Presseerklärung an die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts. Vizepräsident Eckhart Beleites erklärte: „Wir hatten ein Urteil dieser Art erwartet. Unser Vertrauen in die Unabhängigkeit des Gerichts von der Landesregierung war und ist recht begrenzt.“

Dr. Ulrich Becker ist einer der sechs Richter am Landesverfassungsgericht in Potsdam, die über die Verfassungsbeschwerde zu entscheiden hatten. Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht vertrat der Jurist den Wasser- und Abwasserverband Panke/Finow (WAV)  in Sachen Altanschließerbeiträge. Nach Informationen des VDGN soll Becker auch am Gesetzgebungsverfahren bei der Änderung des Brandenburger Kommunalabgabengesetzes beteiligt gewesen sein. Diese Behauptung hätten wir gerne überprüft. Jedoch war der Anwalt bis zum 28. September 2012 für die Redaktion der Eichwalder Nachrichten telefonisch nicht erreichbar.

Alexander John, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Sprecher des Verfassungsgerichtes sieht den Vorwurf, mangelnder Objektivität oder gar der Befangenheit bei Verfassungsrichter Becker nicht gegeben. „Es gab kein Befangenheitsantrag von den Beteiligten. Dies ist auch nicht erörtert worden. Die Gefahr einer Befangenheit sah man offensichtlich nicht“, sagte John auf Nachfrage der Eichwalder Nachrichten. Man lege wert darauf, dass das Verfassungsgericht repräsentativ besetzt werde. Die Verfassungsrichter seien eben auch Rechtsanwälte, die natürlich auch in ähnlichen Fällen zu tun haben könnten. Daraus leite sich aber nicht zwangsläufig eine Voreingenommenheit ab, so John. Denn als zivilrechtlicher Anwalt werden Anwälte beispielsweise Mieter vertreten und beim nächstenmal einen Vermieter. Sie gelten damit ebenfalls nicht zwangsläufig als befangen.

Der VDGN kritisiert darüber hinaus, dass es die Richter für verfassungsgemäß hielten, wenn Beitragsforderungen praktisch nicht mehr verjähren könnten. Denn seit der Änderung des Brandenburger Kommunalabgabengesetzes 2004 genüge es, eine Beitragssatzung vor Gericht zu kippen, damit die Verjährungsuhr für Forderungen wieder auf Null gestellt werde. Durch den Einbau von „Sollbruchstellen“ in den Satzungen könne so unendlich häufig bei den Bürger abkassiert werden.

Weitere Informationen:

  • Pressemitteilung des Verfassungsgerichtes des Landes Brandenburg
  • Pressemitteilung des VDGN zum Urteil des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg zu Altanschließerbeiträgen

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